V. Kapitel. Schluß

Eine zusammenfassende Formulierung des Begriffs von Adornos Philosophie beginnt mit dem letzten erreichten Ergebnis: Sie ist die Kritik der positiven Metaphysik darin, daß sie sich logisch und politisch beendet hätte. Logisch, indem sie das metaphysische Bedürfnis befriedigte und so das Interesse des Fragenden wieder weg von der Metaphysik und hin zu den durch sie gerechtfertigten diesseitigen Verhältnissen lenkte. Politisch dadurch, daß sie als diese Art affirmativen Denkens Verhältnisse legitimiert hatte, hinter die sich das Denken nach einem verlorenen Krieg nicht mehr stellen konnte und wollte, wenn es seine Glaubwürdigkeit nicht einbüßen sollte. Adorno selbst beginnt seine "Meditationen zur Metaphysik" in der "Negativen Dialektik" mit dem Problem, daß

"nach Auschwitz (das Gefühl) gegen jegliche Behauptung von Positivität des Daseins als Salbadern, Unrecht an den Opfern sich sträubt ..." -

und formuliert damit die Schwierigkeit des Metaphysikers:

"Gelähmt ist die Fähigkeit zur Metaphysik, weil, was geschah, dem spekulativen metaphysischen Gedanken die Basis seiner Vereinbarkeit mit der Erfahrung zerschlug." 1)

Wenn Adorno also von einer Kritik der Metaphysik spricht und in einer "Notiz" zur Neuausgabe seiner Habilitationsschrift über Kierkegaard 1962 schreibt: "metaphysische Intentionen würde er (der Autor selbst; d. V.) nicht mehr derart affirmativ bekunden" 2), so ist dies nur in einem Sinne zu verstehen. Die Metaphysik selbst hätte um ihrer Zukunft willen eine Selbstkritik notwendig gemacht; Adorno will ihr in der offengehaltenen Frage nach dem von der Immanenz völlig abgetrennten, also per definitionem jenseitigen, nicht seienden Sinn eine Form geben, in der sie sich nicht mit der Legitimation von wirklichen Verhältnissen die Glaubwürdigkeit und das Interesse verscherzt. Ivo Frenzel hat mit seiner Rezension der 'Negativen Dialektik' also zweifellos das Hauptanliegen Adornos getroffen, wenn er unter der Frage: "Ist Philosophie noch möglich?" das Buch als einen Neuanfang, als Wiedergewinnung der Möglichkeit zur Philosophie bespricht: Durch es sei "der Philosophie eine Möglichkeit ihrer Selbstbehauptung geschenkt, ein Teil ihrer Würde zurückgegeben worden." 3)

Der Preis allerdings für die Fortführung der Metaphysik über und gegen ihren tautologischen Abschluß besteht in der Reduktion ihrer ehemaligen Themen auf die reine Methodologie ihrer selbst. Soweit die bestimmten metaphysischen Themen Tod, Gott, Unsterblichkeit, Erlösung und Freiheit noch vorkommen, werden nicht mehr ihre wirklichen oder ausgedachten Bestimmungen diskutiert, sondern einzig die Problematik ihrer Existenz: Der Tod ist das Letzte und darf es doch nicht sein; Gott ist nicht, und doch strebt alles zu ihm; der Nihilist folgt dem Glauben an Gott strenger als der Gläubige 4) usf. Die besonderen Themen der Metaphysik sind also Belege für das abstrakte, nicht positiv, sondern negativ tautologische Urteil, daß Immanenz Transzendenz ausschließt und Transzendenz nicht dingfest gemacht werden dürfe; daß aber andererseits, gerade weil Immanenz Transzendenz ausschließt, an dieser als einem Nicht-Seienden festzuhalten sei. Auch Ideale, Utopien und Kritik 5) werden so als Belege des Metaphysischen und nur als das diskutiert. Das Offenhalten der Suche nach den Notwendigkeiten, zu denen man frei 'Ja' sagen kann, die unbefriedigte Frage nach dem Sinn erlaubt als Urteil über die Gegenstände des Bewußtseins nurmehr das immergleiche negativ ontologische Urteil. "Sie (die metaphysische Erfahrung; d. V.) hält sich negativ in jenem Ist das den alles?, das am ehesten im vergeblichen Warten sich aktualisiert." 6) Die zu diesem Urteil zurückgebildete Metaphysik ist methodisch auch darin, daß sie sich das einzige Problem und einzige Interesse ist. Die 'Negative Dialektik' Adornos beweist nicht mehr, als daß Metaphysik, wenn man sie negativ betreibt, möglich ist, und die Lehre besteht einzig darin, daß man sie auch betreiben solle.

Die erkenntnistheoretischen und methodischen Überlegungen, die in den Kapiteln 1 und 2 dieser Arbeit untersucht wurden, sind die Ausführungen dieses Beweises. Die Themen und Argumente der 'Negativen Dialektik' wie "kritisches Denken", die "Kluft zwischen Subjekt und Objekt", "Widerspruch" und die "nicht stillgestellte Dialektik" erklären sich schließlich aus diesem Bedürfnis nach Metaphysik, aus der Problematisierung ihrer Möglichkeit. Nicht eine immanente Kritik von Kant oder Hegel führte zu diesen Interpretationen, sondern der Wille zur Metaphysik. Der Versuch, sie wiederzubeleben, hat methodische Grundsätze entwickelt, denen eine Wissenschaft, die sich diesem Ziel verschreibt, zu folgen hätte. Diese auf die Schwerpunkte der Tradition, auf die Adorno sich bezieht, abhebende Arbeit wäre demnach als eine Darstellung des "Forschungsprozesses" anzusehen; eine Systematik der Adornoschen Philosophie hätte mit dem Schluß der Arbeit, mit dem Begriff der kritischen Philosophie zu beginnen. Die Beweisabsicht dieser Arbeit widerspricht daher auch allen Interpretationen, die empfehlen, man solle Adorno nicht von der 'Negativen Dialektik', sondern von den gesellschaftsanalytischen Schriften her lesen; 7) so als ob die Kritik des "Spätkapitalismus" unvoreingenommen zu Einsichten führte, die dann für weitere Untersuchungen in der theoretischen Philosophie als Methode niedergelegt worden wären. Die einfachsten Charakteristika, die Adorno dieser Gesellschaft beilegt, könnten davon überzeugen, daß hier nicht die Kritik des Kapitalismus eine Metaphysik nötig machte, sondern umgekehrt negative Metaphysik die Gesellschaft kritisiert. So heißt an einer Stelle der Kapitalismus eine "vergesellschaftete Gesellschaft", und was Adorno mit diesem Pleonasmus meint, folgt gleich darauf: "das ausweglos dichte Gewebe der Immanenz." 8)

Wird eine Theorie, wie hier die Adornos, kritisch besprochen, so pflegt die Frage der Ideologiekritik: cui bono? gestellt zu werden. Ihre Stellung getrennt von dem Denken, das untersucht wurde, aber ist schon der Fehler dieser Frage. 9) Der negativ metaphysische Gedanke leistet nichts mehr zur Erklärung einer Sache, sondern, indem er eben nur das unbefriedigte Bedürfnis ausspricht, nur noch etwas für das Bewußtsein. Diesem ist Objektivität mit Immanenz eins geworden, und damit Subjektivität mit Transzendenz. Die Subjektivität genießt die Unendlichkeit von sich, indem sie das Endliche als ihr nicht genügend von sich unterscheidet und verwirft. 10) 'Theoretische Subjektivität' wäre der zusammenfassende Begriff für dieses philosophische Bewußtsein, von dem Adorno selbst sagt, daß es das Glück des Denkenden sei:

"Das Glück, das im Auge des Denkenden aufgeht, ist das Glück der Menschheit. Die universale Unterdrückungstendenz geht gegen den Gedanken als solchen. Glück ist er, noch wo er das Unglück bestimmt: indem er es ausspricht. Damit allein reicht Glück ins universale Unglück hinein." 11)

Erst als dieses Glück, als Rückzugspunkt der Subjektivität hat nach Adorno dieses Denken eine Aufgabe, es repräsentiert die Freiheit der Menschheit in der philosophischen des Denkers; und da Subjektivität gleich Transzendenz und die gesamte Welt der Objektivität gleich Immanenz gesetzt sind, erscheint dem Denker das praktische Tun der Menschen als dem eigentlichen Ziel der Unterdrückung verhaftet - und seine Philosophie als der eigentliche Widerstand gegen die Welt als Ganze: "Wer denkt, setzt Widerstand." 12)

Politische Praxis ist für die kritische Theorie kein Thema. Sie ist ein Tun des Denkens, das sich in ein besonderes Verhältnis zur Welt setzt, etwas anderes will sie nicht. Kritiken an Adorno, er habe resigniert 13) sich die Möglichkeit der Praxis verbaut 14), oder ähnliche gehen ins Leere, weil sie die Vorstellung pflegen, die kritische Theorie habe das je gewollt und wolle oder könne nun nicht mehr. Praxis ist sie gerade darin, daß sie das Jenseits bloß subjektiv beabsichtigter Zwecke in die Wirklichkeit umsetzt, ebenso unmetaphysisch wie die positive Metaphysik: "Während Praxis verspricht, die Menschen aus ihrem Verschlossensein in sich hinauszuführen, ist sie eh und je verschlossen. 15) Nur in einer Hinsicht machte Adorno eine Konzession an die Forderung nach praktischer Einlösung der Negation; Adorno weiß um Hagels Spott über die "Schöne Seele", die sich in der negativen Unbestimmtheit hält und sich an der Unangemessenheit der Endlichkeit an sie gütlich tut, er spielt auch bisweilen darauf an. 16) Wie es nun um der Transzendenz willen die in der Unendlichkeit liegende Versöhnung von Diesseits und Jenseits braucht, weil Transzendenz sonst die bloße leere Einbildung wäre, so braucht es auch die Versicherung des Willens zu einer in der Unendlichkeit liegenden Praxis der Theorie, um der Dignität des Negativen dieser Theorie willen.

"Das Alles ist eitel ... ist zu abstrakt, um über die Immanenz hinauszugeleiten. ... Wer das Seiende unterschiedslos und ohne Perspektive aufs Mögliche der Nichtigkeit zeiht, leistet dem stumpfen Betrieb Beihilfe. ... Die Kapuzinerpredigt von der Eitelkeit der Immanenz liquidiert insgeheim auch die Transzendenz, die einzig von Erfahrungen in der Immanenz gespeist wird." 17)

Adorno bekennt sich also zur Praxis nur um seiner Theorie willen und hat an keiner Stelle daran gedacht, Theorie für eine verändernde Praxis zu betreiben. Nur eine der philosophischen Anstrengungen unkundige Rezeption kann zu einem so grundsätzlichen Mißverständnis gelangen.

Anmerkungen: Schluß

1) ND, S. 352.

2) Adorno, Kierkegaard, Konstruktion des Ästhetischen, Notiz 1962, FfM. 1974, S. 293.

Adorno sieht seine Konzeption einer offengehaltenen, hoffenden und daher nur negativen Metaphysik durch den Faschismus um so eher gerechtfertigt, als er sie schon in der Vorkriegsschrift über Kierkegaard vertrat:

"Was seit 1933 geschah, dürfte am letzten eine Philosophie unberührt lassen, die sich stets der Gleichsetzung von Metaphysik mit einer Lehre vom geschichtslos Unveränderlichen entgegengesetzt wußte."

(ebd.)

3) Ivo Frenzel, a.a.O.

4) Siehe die 'Meditationen zur Metaphysik' in der 'Negativen Dialektik'.

5) Die These, daß Kritik eine Form von Transzendenz sei und einen Entwurf von Transzendentem voraussetze, greift die theologische Interpretation der kritischen Theorie auf und rechnet ihr die Anerkennung des Gottesgedankens als eine Konsequenz vor, vor der die kritische Theorie versage:

"Sofern Philosophie sich als Deutung und Kritik der Wirklichkeit versteht, muß sie notwendig eine Transzendenzbewegung vollziehen, die einer eigenen Legitimierung bedarf, die zu geben aber in der neuzeitlichen Philosophie zunehmend schwieriger wird."

Hermann Josef Heinz, Negative Dialektik und Versöhnung bei Adorno, Studien zur Aporie der kritischen Theorie, Dissertation an der theologischen Fakultät der Universität Freiburg i.Br., September 1975.

Im gleichen Sinn argumentieren Koch und Kodalle gegen Schreppenhäuser. Siehe: Traugott Koch, Klaus Michael Kodalle, Hermann Schreppenhäuser, Negative Dialektik und die Idee der Versöhnung. Eine Kontroverse über Th. W. Adorno, Stuttgart 1973.

6) ND, S. 366.

7) So behauptet etwas Friedemann Grenz, er habe einen "Zugang gewählt, der dem Denkstil Adornos eher entspricht." Obwohl er einräumt, daß "unter systematischem Aspekt sich die negative Geschichtsphilosophie Adornos als negative Dialektik (darstellt)", meint er Adorno gerechter zu werden mit der Maxime: "Auszugehen ist also von Sätzen, welche die bestehende Gesellschaft beschreiben."

Friedemann Grenz, Adornos Philosophie in Grundbegriffen, FfM. 1974, S. 17.

Ilse Müller-Strömsdörf er meint ebenfalls, daß die Philosophie Adornos aus der Verallgemeinerung von Einsichten in die Gesellschaft gebildet sei, nicht umgekehrt:

"Gesetze, die aus der Einsicht in gesellschaftliches Sein gewonnen sind, werden für Denken schlechthin vorbildlich. ... Daraus resultiert, daß Soziologie zum Denkmodell wird."

a.a.O., S. 103.

Frank Böckelmann schreibt sein Buch: Über Marx und Adorno, Schwierigkeiten der spätmarxistischen Theorie, FfM. 1972, ausschließlich unter diesem Gesichtspunkt; heute könne die Gesellschaft nicht mehr mit der praktischen Perspektive beurteilt werden wie zu Marx' Zeiten, also müsse die aporetische Philosophie Adornos entstehen.

8) ND, S. 360.

9) Diese von der Theorie selbst getrennte Suche nach ihrem praktischen Standpunkt bezieht diese auf eine praktische Parteinahme, die der Beurteiler selbst gerne sehen würde; da er bei dieser Bemühung zuverlässig zu einem negativen Resultat kommt, liest er die Verhinderung seiner praktisch-politischen Absichten als Zweck in die Theorie hinein, die zu dieser Frage sich überhaupt nicht geäußert hatte. Schulbeispiele dieses Verfahrens liefern die Adorno-Kritiker der marxistisch-leninistischen Philosophie. Da sieht Jopke die Anpassung als letzte Orientierung von Adornos Philosophie des Nonkonformismus, Peter Reichel weiß von einer "Integration der Philosophie Adornos in die imperialistische Philosophie", deren "immanentes Prinzip" im "Antikommunismus" bestehen soll, und Igor Narski, der sich um etwas Differenzierung bemüht, bestimmt erst einmal, was bei Adorno nicht steht:

"Die Empörung Adornos gegen die imperialistische Wirklichkeit war aufrichtig, ... aber sein Leiden führte nicht zu revolutionären Entschlüssen." -

um aus diesem Fehler zu gewinnen, was Adorno eigentlich tat:

unter der Maske des Kritikers bemüht sich Adorno, die bürgerliche Gesellschaft, in all ihren Antagonismen zu konservieren."

Walter Jopke, Dialektik der Anpassung, Zur Kritik der philosophischen Position von Th. W. Adorno, Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin 1965.

Peter Reichel, Verabsolutierte Negation, Zu Adornos Theorie von den Triebkräften der gesellschaftlichen Entwicklung, in: M. Buhr (Hrsg.), Reihe: Zur Kritik der bürgerlichen Ideologie Nr. 21, FfM. 1972, S. 98.

Igor S. Narski, Die Anmaßung der negativen Philosophie Theodor W. Adornos, in: Buhr (Hrsg.), Reihe: Zur Kritik der Bürgerlichen Ideologie Nr. 65, FfM. 1975, S. 50 und 48.

10) Damit wird gerade - ebenfalls der Logik des 'unglücklichen Bewußtseins entsprechend - das Leiden an der Wirklichkeit die Wirklichkeit und Daseinsweise der Unendlichkeit zur Subjektivität.

"Was zuerst die entgegengesetzte Beziehung des Bewußtseins betrifft, worin ihm seine Realität unmittelbar das Nichtige ist, so wird also sein wirkliches Tun zu einem Tun von nichts, sein Genuß Gefühl seines Unglücks."

Hegel, Phänomenologie, a.a.O., S. 168.

Scharf formuliert Willms diese Einsicht in die Freiheit und Selbstgewißheit der Subjektivität, die sich im Negativen hält:

"Der Rückzug der Dialektik auf das Moment der protestierenden Tugend, die sich als aus Notwendigkeit erwachsen ausweist."

Bernard Willms, a.a.O., S. 86.

Ohne den Klang der Kritik formuliert Holl die gleiche Einsicht:

"Das kritische Bewußtsein weiß also wiederum von nichts Positivem außer sich, stößt sich an sich selbst ab, indem es seine Einsicht, auch Objekt des Systems zu sein, begrifflich formuliert. Es ist frei, insofern es alle verwirklichte Unfreiheit mikrologisch sich gegenüberstellt und einzig in dieser Genauigkeit der Analyse das 'Glück des Geistes', die Autonomie erreicht, die das Bewußtsein so auf die Antizipation der Überwindung des Systems erhebt, daß es in nichts verstrickt bleibt..."

Günter Holl, a.a.O., S. 92.

11) Adorno, Resignation, in: Hermann Schweppenhäuser (Hrsg.), Th. W. Adorno zum Gedächtnis, Eine Sammlung, FfM. 1971, S. 13.

12) Adorno, Theorie und Praxis, in: Stichworte, Kritische Modelle 2, FfM. 1969, S. 174.

13) Siehe die Adorno-Kritiken von Ritsert/Rohlshagen, Claussen, Clemens und Krahl in der Einleitung dieser Arbeit.

14) Auch Kritiker, die nicht mit der Kritischen Theorie gegen Adorno zu argumentieren versuchen und die Theorie selber mit der Kritik meinen, drücken das Desinteresse dieser Philosophie an politischer Praxis noch als ein Scheitern aus:

"Es wäre ein Irrtum anzunehmen, die Theorie sei tauglich, nur ihre Autoren hätten versagt. Es liegen in der negativen Dialektik selbst Aporien, deren Konsequenzen zum Scheitern angesichts der politischen Praxis führen müssen."

Hans Heinz Holz, Mephistophelische Philosophie, in: Schoeller, Die neue Linke nach Adorno, München 1969, S. 192.

Ebenso Bergmann/Fertl, Zur Apathie des neuesten Kritizismus, in: Schoeller, a.a.O., S. 42:

"Daher findet die Negation des Ganzen keinen praktischen Standort mehr in dessen Immanenz."

15) Adorno, Theorie und Praxis, a.a.O., S. 169.

16) Der Selbstgenuß des "intellektuellen Gewissens", das sich eine "Distanz vom Betrieb" leistet und sich deshalb "für besser hält als die anderen und seine Kritik der Gesellschaft mißbraucht als Ideologie für sein privates Interesse" (MM, S. 22 f.), war Adorno als Versuchung bekannt; daß er sie als solche wußte, hob ihn seines Erachtens bereits über den Mißbrauch hinaus:

"Die Instinkte, die über den falschen Zustand hinausdrängen, stauen sich tendenziell auf den Narzißmus zurück, der im falschen Zustand sich befriedigt. Das ist das Scharnier im Mechanismus des Bösen: Schwäche, die sich womöglich als Stärke verkennt. Am Ende wäre der intelligible Charakter der gelähmte vernünftige Wille. ... Versagung, die sich als Selbstzweck stilisiert. Gleichwohl ist nichts Besseres unter den Menschen als jener Charakter."

ND, S. 291.

17) ND, S. 388.