Fetisch

von Karl Marx am 10. November 2004 07:42:39:

Fetisch
1. Fetische sind Sachen, denen menschliche oder übermenschliche Kräfte zugeschrieben werden
„Fetisch ... (von Lateinisch ‚facticius’, durch Kunst hervorgebracht) die niedrigste Art von Götzen, indem ein beliebiger Gegenstand, ein Stein, Holzstück etc. als Gott angesehen und verehrt wird...“ Heyses Fremdwörterbuch von 1896.
Im übertragenen Sinn: Eine von Menschen geschaffene Sache, von der diese Menschen glauben, dass sie Macht über sie habe. Im Fetischismus hat nicht der Mensch Macht über die Sache, sondern die Sache hat Macht über den Mensch.
„Um daher eine Analogie zu finden, müssen wir in die Nebelregion der religiösen Welt flüchten. Hier scheinen die Produkte des menschlichen Kopfes mit eignem Leben begabte, untereinander und mit den Menschen in Verhältnis stehende selbständige Gestalten. So in der Warenwelt die Produkte der menschlichen Hand. Dies nenne ich den Fetischismus, der den Arbeitsprodukten anklebt, sobald sie als Waren produziert werden... “ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 86.
„So leben die Agenten der kapitalistischen Produktion in einer verzauberten Welt, und ihre eigenen Bedingungen erscheinen ihnen als Eigenschaften der Dinge, der stofflichen Elemente der Produktion.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III., MEW 26.3, 503.
„Der grobe Materialismus der Ökonomen, die gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen der Menschen und die Bestimmungen, die die Sachen erhalten, ... als natürliche Eigenschaften der Dinge zu betrachten, ist ein ebenso großer Idealismus, ja Fetischismus, der den Dingen gesellschaftliche Beziehungen als ihnen immanente Bestimmungen zuschreibt und sie so mystifiziert.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 579.

2. Diverse Sachen, die zum Fetisch gemacht werden
Alle dauerhaften gesellschaftlichen Verhältnissen, werden zum Fetisch, sobald man glaubt, dass es ewige und unveränderliche Mächte sind, die uns beherrschen: Nation, Staat, Familie, Ware, Geld, Kapital usw.
„Es ist nur das bestimmte gesellschaftliche Verhältnis der Menschen selbst, welches hier für sie die trügerische Form eines Verhältnisses von Dingen annimmt.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 86.

2.1. Warenfetisch
„Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also einfach darin, dass sie den Menschen die gesellschaftlichen Eigenschaften ihrer eigenen Arbeit als gegenständliche Eigenschaften der Arbeitsprodukte selbst, als gesellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zurückspiegelt... Durch diese Vertauschung der Abhängigkeiten werden die Arbeitsprodukte Waren, sinnlich übersinnliche oder gesellschaftliche Dinge.“ K. Marx, Kapital I., MEW 23, 86.

2.2. Geldfetisch
„Um das Gold als Geld festzuhalten und daher als Element der Schatzbildung, muss es verhindert werden zu zirkulieren oder als Kaufmittel sich in Genussmittel aufzulösen. Der Schatzbildner opfert daher dem Goldfetisch seine Fleischeslust. Er macht Ernst mit dem Evangelium der Entsagung. Andererseits kann er der Zirkulation nur in Geld entziehen, was er ihr in Ware gibt. Je mehr er produziert, desto mehr kann er verkaufen. Arbeitsamkeit, Sparsamkeit und Geiz bilden daher seine Kardinaltugenden, viel verkaufen, wenig kaufen, die Summe seiner politischen Ökonomie.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 147.

2.3. Kapitalfetisch
„Im zinstragenden Kapital erreicht das Kapitalverhältnis seine äußerlichste und fetischartigste Form. Wir haben hier G - G’, Geld, das mehr Geld erzeugt, ... ohne den Prozess, der die beiden Extreme vermittelt. ... Im zinstragenden Kapital ist daher dieser automatische Fetisch rein herausgearbeitet, ... Geld heckendes Geld, und trägt es in dieser Form keine Narben seiner Entstehung mehr. Das gesellschaftliche Verhältnis ist vollendet als Verhältnis eines Dings, des Geldes, zu sich selbst. ... Es wird ganz so Eigenschaft des Geldes, Wert zu schaffen, Zins abzuwerfen, wie die eines Birnbaums, Birnen zu tragen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 404f.

2.4. Staatsfetisch
„Das materielle Leben der Individuen, welches keineswegs von ihrem bloßen ‚Willen’ abhängt, ihre Produktionsweise und die Verkehrsform, die sich wechselseitig bedingen, ist die reelle Basis des Staats und bleibt es auf allen Stufen, auf denen die Teilung der Arbeit und das Privateigentum noch nötig sind, ganz unabhängig vom Willen der Individuen.
Diese wirklichen Verhältnisse sind keineswegs von der Staatsmacht geschaffen, sie sind vielmehr die sie schaffende Macht.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 311-313.
Der Staat ist „die Form der Organisation, welche sich die Bourgeois sowohl nach Außen als nach Innen hin zur gegenseitigen Garantie ihres Eigentums und ihrer Interessen notwendig geben.“ K. Marx, Dt. Ideologie, MEW 3, 62.
„Nur der politische Aberglaube bildet sich noch heutzutage ein, dass das bürgerliche Leben vom Staat zusammengehalten werden müsse, während umgekehrt in der Wirklichkeit der Staat von dem bürgerlichen Leben zusammengehalten wird.“ K. Marx, Hl. Familie, MEW 2, 128.
Siehe auch:
Geld
Idee
Kapital
Ware
Staat





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