12. Kapitel

Teilung der Arbeit und Manufaktur

1. Durch die Kombination der Arbeitskräfte im kooperativen Arbeitsprozeß überwindet das Kapital die Beschränkungen, die in der Äußerung der Arbeitskraft als einzelner liegen, indem es sich die gesellschaftliche Potenz der Arbeit, die in ihrem Zusammenwirken liegt, zunutze macht. Doch ist die Kooperation abhängig von der Qualität der Arbeit der Einzelnen: an ihr liegt es, wieweit die Vereinigung mit anderer Arbeitskraft Produktivkraft des Kapitals ist. Insofern steht die bloße Kombination der Arbeiter im Gegensatz zum Kapital, das seine Verwertung ihrer gemeinschaftlichen Wirkung verdankt. Die Arbeitskräfte sind Momente eines Arbeitsprozesses, und doch besteht ihre Einheit nur in der gemeinsamen Abhängigkeit vom Kapital, ist bloß formell.

Das auf einem kooperativ verrichteten Arbeitsprozeß beruhende Kapital überwindet diese Schranke seiner Verwertung dadurch, daß es seine Verfügungsgewalt über die Zusammenarbeit vieler dazu benutzt, die Arbeitsweise des Einzelnen zu bestimmen und die Selbständigkeit der nebeneinander Arbeitenden ihrer Funktion, gesellschaftliche Produktivkraft zu sein, unterordnet. Das Kapital macht die Arbeit des Einzelnen zur Teilarbeit, deren Selbständigkeit nur im Verhältnis zur Tätigkeit anderer liegt, mit denen sie kooperiert: Dies ist das Prinzip der Manufaktur.

Die Einheit der unmittelbaren und reflektierten Selbständigkeit, welche die Teilung der Arbeit darstellt, verweist auf den doppelten Ursprung der Manufaktur; die auf Teilung der Arbeit beruhende Kooperation entspringt einer Organisation der Arbeit, in der die Selbständigkeit der produzierenden Tätigkeit noch nicht zusammenfällt mit der Abhängigkeit von anderen Tätigkeiten. Um der Arbeit des Einzelnen die kooperativen Qualitäten als ihren Charakter aufzuzwingen, müssen also einerseits selbständige Tätigkeiten geteilt, andererseits Teiloperationen verselbständigt werden:

"Die Ursprungsweise der Manufaktur, ihre Herausbildung aus dem Handwerk ist also zwieschlächtig. Einerseits geht sie von der Kombination verschiedenartiger, selbständiger Handwerke aus, die bis zu dem Punkt verunselbständigt und vereinseitigt werden, wo sie nur noch einander ergänzende Teiloperationen im Produktionsprozeß einer und derselben Ware bilden. Andrerseits geht sie von der Kooperation gleichartiger Handwerker aus, zersetzt dasselbe individuelle Handwerk in seine verschiednen besondren Operationen und isoliert und verselbständigt diese bis zu dem Punkt, wo jede derselben zur ausschließlichen Funktion eines besondren Arbeiters wird. Einerseits führt daher die Manufaktur Teilung der Arbeit in einen Produktionsprozeß ein oder entwickelt sie weiter, andrerseits kombiniert sie früher geschiedne Handwerke. Welches aber immer ihr besondrer Ausgangspunkt, ihre Schlußgestalt ist dieselbe - ein Produktionsmechanismus, dessen Organe Menschen sind." (MEW 23/358)

Damit ist freilich die Emanzipation vom partikularen Arbeitsvermögen noch nicht vollzogen. Die Teilung der Arbeit in der Manufaktur offenbart vielmehr die Abhängigkeit des Kapitals von der Individualität des Arbeiters, die es zu überwinden strebt, dadurch, daß sie zur Grundlage der Produktivitätssteigerung wird:

"Zusammengesetzt oder einfach, die Verrichtung bleibt handwerksmäßig und daher abhängig von Kraft, Geschick, Schnelle, Sicherheit des Einzelarbeiters in Handhabung seines Instruments. Das Handwerk bleibt die Basis. Diese enge technische Basis schließt wirklich wissenschaftliche Analyse des Produktionsprozesses aus, da jeder Teilprozeß, den das Produkt durchmacht, als handwerksmäßige Teilarbeit ausführbar sein muß." (MEW 23/358)

2. Die Teilung der Arbeit macht sich geltend an den Momenten der Arbeit selbst. Zum einen beruht sie darauf, daß der Detailarbeiter darauf festgelegt ist, lebenslang ein und dieselbe Operation zu verrichten. Er verwandelt damit seinen Körper in das "automatisch einseitige Organ" dieser Teilfunktion. Auf dieser Vereinfachung und Vereinseitigung der Tätigkeit, die Gewöhnung an die sich immer wiederholenden Teilschritte der Arbeit zur Folge hat, gründet die Steigerung der Produktivkraft:

"Im Vergleich zum selbständigen Handwerk wird daher mehr in weniger Zeit produziert oder die Produktivkraft der Arbeit gesteigert. Auch vervollkommnet sich die Methode der Teilarbeit, nachdem sie zur ausschließlichen Funktion einer Person verselbständigt ist." (MEW 23/359)

Durch die lebenslängliche Festlegung des Arbeiters auf eine Teilfunktion produziert die Manufaktur

"die Virtuosität des Detailarbeiters, indem sie die naturwüchsige Sondierung der Gewerbe, die sie in der Gesellschaft vorfand, im Innern der Werkstatt reproduziert und systematisch zum Extrem treibt." (MEW 23/359)

Damit aber unterwirft das Kapital mit seinem Fortschritt in der Entwicklung der Produktivität der Arbeit die Individuen einer Beschränkung, die vergleichbar ist mit Verhältnissen in vorkapitalistischen Produktionsweisen:

"Andrerseits entspricht ihre Verwandlung der Teilarbeit in den Lebensberuf eines Menschen dem Trieb früherer Gesellschaften, die Gewerbe erblich zu machen, sie in Kasten zu versteinern oder in Zünfte zu verknöchern… " (MEW 23/359)

Die "Vervollkommnung der Methode der Teilarbeit" bedarf andererseits der "Differenzierung der Arbeitsinstrumente". Ihre Weiterentwicklung ist die Konsequenz des Drangs des Kapitals, sich von den subjektiven Bedingungen des einzelnen Arbeiters zu emanzipieren und vergegenständlicht doch zugleich nur die Abhängigkeit des Kapitals von der Individualität des Arbeiters in neuer Form:

"Die Manufakturperiode vereinfacht, verbessert und vermannigfacht die Arbeitswerkzeuge durch deren Anpassung an die ausschließlichen Sonderfunktionen der Teilarbeiter." (MEW 23/361)

Mit der Entwicklung dieser Werkzeuge, deren Mangel in der Abhängigkeit ihres Gebrauchs von den bestimmten Fähigkeiten und Geschicklichkeiten des Detailarbeiters liegt, ist jedoch auch das Mittel geschaffen, diese Beschränkung des Kapitals zu überwinden. Die Werkzeuge müssen so weiterentwickelt werden, daß ihre Verwendung auf individuelle Besonderheiten nicht mehr angewiesen ist.[1]

"Sie (die Manufakturperiode) schafft damit zugleich eine der materiellen Bedingungen der Maschinerie, die aus einer Kombination einfacher Instrumente besteht." (MEW 23/361 ff)

3. Auch die Gliederung der Manufaktur im Ganzen bestimmt sich aus Bedingungen, die der Arbeitsprozeß dem Kapital vorschreibt: Sie ist abhängig vom Charakter des Produkts. Je nach der Art des Machwerks besitzt die Manufaktur die Gestalt unzusammenhängender Teilproduktionen, deren Resultate erst nachträglich zusammengefügt werden, oder die Gestalt einer organischen Kombination aufeinander aufbauender Teiloperationen. (Vgl. MEW 23/362)

Die erste Form läßt die Kombination der Teilarbeiter in derselben Werkstatt zufällig, während die zweite Art der Manufaktur, "ihre vollendete Form", die Teilarbeiten aufgrund ihrer Zusammengehörigkeit an einem Ort kombinieren muß. Durch die Aufhebung der räumlichen Trennung wird hier zum einen Zeit und Arbeit eingespart, welche die Obergänge von einem Produktionsschritt zum nächsten vermittelt hatten. Zudem wird die Lieferung von mehr fertiger Ware in demselben Zeitraum dadurch erreicht, daß das zeitliche Nacheinander der verschiedenen Arbeitsgänge sich verwandelt hat in ein räumliches Nebeneinander.

Durch dieses Nebeneinander der verschiedenen Stufenprozesse der Produktion erhält das allgemeine Prinzip der Kooperation in der Manufaktur spezifische Charaktermerkmale:

Die Arbeit jedes Teilarbeiters hat das Produkt der Arbeit eines anderen zur unmittelbaren Voraussetzung,

"Ein Arbeiter beschäftigt daher hier unmittelbar den andren." (MEW 23/365)

Im Arbeitsprozeß selbst existiert somit der Zwang, die Teilarbeiten in einer bestimmten Zeit zu erledigen. Das Interesse des Kapitals, den Arbeitsprozeß zu effektivieren, setzt sich über die gegenseitige Abhängigkeit der Teilarbeiter durch:

"Es ist klar, daß diese unmittelbare Abhängigkeit der Arbeiten und daher der Arbeiter voneinander jeden einzelnen zwingt, nur die notwendige Zeit zu seiner Funktion zu verwenden, und so eine ganz andre Kontinuität, Gleichförmigkeit, Regelmäßigkeit, Ordnung und namentlich auch Intensität der Arbeit erzeugt wird als im unabhängigen Handwerk oder selbst der einfachen Kooperation." (MEW 23/365 ff)

So existiert der aus der Konkurrenz resultierende äußere Zwang, die Produkte in der gesellschaftlich notwendigen Zeit herzustellen, hier als Sachzwang der Produktion selbst:

"Lieferung von gegebnem Produktenquantum in gegebner Arbeitszeit wird dagegen in der Manufaktur technisches Gesetz des Produktionsprozesses selbst." (MEW 23/366)

Mit der Organisation des auf Teilung der Arbeit beruhenden Prozesses erwächst dem Kapital eine weitere Bedingung für sein Funktionieren darin, daß ihm nun das Verhältnis vorgeschrieben ist, wieviele Arbeiter jeweils in den verschiedenen Operationen, angewandt werden müssen. Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit

"entwickelt mit der qualitativen Gliederung die quantitative Regel und Proportionalität des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses.

Ist die passendste Verhältniszahl der verschiednen Gruppen von Teilarbeitern erfahrungsgemäß festgesetzt für eine bestimmte Stufenleiter der Produktion, so kann man diese Stufenleiter nur ausdehnen, indem man ein Multipel jeder besondren Arbeitergruppe verwendet." (MEW 23/366)

Die Notwendigkeit einer planmäßigen Zuteilung der verschiedenen Operationen an die Teilarbeiter bezeichnet zugleich den Fortschritt, den die manufakturmäßige Produktion für das Kapital erbringt: Er liegt in der zweckmäßigen Kombination der voneinander abhängigen Teiloperationen zu einem produktiven Organismus, also in dem ‚aus vielen Teilarbeitern kombinierten Gesamtarbeiter.[2] Die Verteilung der in der Manufaktur zusammengefaßten verselbständigten Sonderfunktionen an die Arbeiter, hat zwar deren Geschicklichkeit, Gewandheit, Kraft usw. zur Grundlage, entwickelt und vereinseitigt aber zugleich selbst die Naturbesonderheiten der Individuen und macht sie damit der manufakturmäßigen Arbeitsteilung gemäß. Auf diese Weise erreicht die Manufaktur ökonomischste Verausgabung aller produktiven Eigenschaften des Gesamtarbeiters auf Kosten der Teilarbeiter, die nun

"von Natur nur zu einseitiger Sonderfunktion taugen. Der Gesamtarbeiter besitzt jetzt alle produktiven Eigenschaften in gleich hohem Grad der Virtuosität und verausgabt sie zugleich aufs ökonomischste, indem er alle seine Organe, individualisiert in besondren Arbeitern oder Arbeitergruppen, ausschließlich zu ihren spezifischen Funktionen verwendet. Die Einseitigkeit und selbst die Unvollkommenheit des Teilarbeiters werden zu seiner Vollkommenheit als Glied des Gesamtarbeiters. Die Gewohnheit einer einseitigen Funktion verwandelt ihn in ihr naturgemäß sicher wirkendes Organ, während der Zusammenhang des Gesamtmechanismus ihn zwingt, mit der Regelmäßigkeit eines Maschinenteils zu wirken." (MEW 23/369 ff)

Die Spezialisierung der Teilarbeiten hat eine Hierarchie der Arbeitskräfte und damit der Arbeitlöhne zur Folge. Und da selbst für sich einfache Detailoperationen den Charakter von Teilarbeiten annehmen, entwickelt die kapitalistische Manufaktur erstmals eine "Klasse sogenannter ungeschickter Arbeiter". Die Manufaktur, die die vereinseitigte Spezialität des Arbeiters zur Virtuosität entwickelt,

"beginnt auch schon den Mangel aller Entwicklung zu einer Spezialität zu machen. Neben die hierarchische Abstufung tritt die einfache Scheidung der Arbeiter in geschickte und ungeschickte." (MEW 23/371)[3]

4. Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit hat die gesellschaftliche Arbeitsteilung zu ihrer Voraussetzung. Zugleich aber wird diese vorangetrieben durch die Manufaktur und die damit verbundene "Differenzierung der Gewerbe".

"Da Warenproduktion und Warenzirkulation die allgemeine Voraussetzung der kapitalistischen Produktionsweise, erheischt manufakturmäßige Teilung der Arbeit eine schon bis zu gewissem Entwicklungsgrad gereifte Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft. Umgekehrt entwickelt und vervielfältigt die manufakturmäßige Teilung der Arbeit rückwirkend jene gesellschaftliche Teilung der Arbeit." (MEW 23/374)

Trotz der zahlreichen Analogien zwischen manufakturmäßiger und gesellschaftlicher Teilung der Arbeit sind beide "nicht nur graduell, sondern wesentlich unterschieden" (MEW 23/375) durch die Art und Weise, wie sie sich als Teile bewähren: während die gesellschaftliche Arbeitsteilung über den Austausch von Waren vermittelt ist, erhält die einzelne Arbeit in der Manufaktur ihre Unselbständigkeit dadurch,

"daß der Teilarbeiter keine Ware produziert. Erst das gen einsame Produkt der Teilarbeiter verwandelt sich in Ware." (MEW 23/376)

Hiermit ist der Charakter kapitalistischer Privatarbeit bestimmt: wenn der einzelne bloßer Teilarbeiter ist, bedeutet das zugleich, daß er das Produkt seiner Arbeit nicht selbständig austauschen kann. In der kapitalistischen Warenproduktion schließen sich das Dasein von Warenproduzent und ‑besitzer wechselseitig aus: wird das Produkt der Teilarbeiten zur Ware, so heißt das für deren Produzenten, daß es ihnen nicht gehört.[4]

Damit ergibt sich auch die Form der gesellschaftlichen Arbeitsteilung: Ist der Zusammenhang der Teilarbeiten innerhalb der Werkstatt vermittelt über den Verkauf der verschiedenen Arbeitskräfte an denselben Kapitalisten, "der sie als kombinierte Arbeitskraft verwendet" (MEW 23/376) und dem daher das geschaffene Warenprodukt gehört, so vermittelt sich die Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft über Kauf und Verkauf der Produkte seitens dieser Kapitalisten als unabhängigen Warenbesitzern.

"Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit unterstellt die unbedingte Autorität des Kapitalisten über Menschen, die bloße Glieder eines ihm gehörigen Gesamtmechanismus bilden; die gesellschaftliche Teilung der Arbeit stellt unabhängige Warenproduzenten einander gegenüber, die keine andre Autorität anerkennen als die der Konkurrenz." (MEW 23/377)

Daß sich diese Despotie der manufakturmäßigen und die Anarchie der gesellschaftlichen Arbeitsteilung wechselseitig bedingen, läßt auch die Polemik der Apologeten des Fabriksystems erkennen: Geben sie Kontrolle und Planung des Produktionsprozesses durch den Kapitalisten mit dem Hinweis auf die Produktionssteigerung als etwas Unabdingbares aus, bekämpfen sie auf der Ebene der Gesellschaft die gleichen Prinzipien unter Berufung auf die bürgerlichen Freiheitsrechte.

"Dasselbe bürgerliche Bewußtsein, das die manufakturmäßige Teilung der Arbeit, die lebenslängliche Annexation des Arbeiters an eine Detailverrichtung und die unbedingte Unterordnung der Teilarbeiter unter das Kapital als eine Organisation der Arbeit feiert, welche ihre Produktivkraft steigre, denunziert daher ebenso laut jede bewußte gesellschaftliche Kontrolle und Reglung des gesellschaftlichen Produktionsprozesses als einen Eingriff in die unverletzlichen Eigentumsrechte, Freiheit und sich selbst bestimmende ‚Genialität' des individuellen Kapitalisten. Es ist sehr charakteristisch, daß die begeisterten Apologeten des Fabriksystems nichts Ärgres gegen jede allgemeine Organisation der gesellschaftlichen Arbeit zu sagen wissen, als daß sie die ganze Gesellschaft in eine Fabrik verwandeln würde." (MEW 23/377)

Damit geben die Apologeten des Fabriksystems zu erkennen, daß die bürgerliche Freiheit die Grundlage der Ausbeutung ist. Dieser Zusammenhang von manufakturmäßiger und gesellschaftlicher Arbeitsteilung, der auf der Scheidung der Produzenten von den Produktionsmitteln und damit vom Produkt beruht, unterscheidet die kapitalistische Gesellschaft von allen früheren Gesellschaftsformen, die sich durch eine gesetzlich festgelegte gesellschaftliche Arbeitsteilung auszeichnen, welche entweder auf gemeinschaftlichem Besitz der Produktionsmittel (indisches Gemeinwesen) oder - trotz schon weiterentwickelter gesellschaftlicher Differenzierung - auf dem individuellen Verfügungsrecht des Arbeiters über seine Produktionsmittel beruhten (Zunftwesen) und daher eine manufakturmäßige Arbeitsteilung unmöglich machten:

"Während die Teilung der Arbeit im Ganzen einer Gesellschaft, ob vermittelt oder unvermittelt durch den Warenaustausch, den verschiedenartigsten ökonomischen Gesellschaftsformationen angehört, ist die manufakturmäßige Teilung der Arbeit eine ganz spezifische Schöpfung der kapitalistischen Produktionsweise." (MEW 23/380)

5. Als solche erzwingt sie aufgrund der bereits dargestellten Bedingungen, die dem Kapital aus der technischen Organisation des unter seinem Kommando stattfindenden Arbeitsprozesses vorgegeben sind,

"wachsende(n) Minimalumfang von Kapital in der Hand der einzelnen Kapitalisten oder wachsende Verwandlung der gesellschaftlichen Lebensmittel und Produktionsmittel in Kapital." (MEW 23/381)

Als "Existenzform des Kapitals" entwickelt die Manufaktur darüberhinaus die Produktivkraft der Arbeit nur auf Kosten der Arbeiter. Die eigentümliche Form der Manufaktur ist nicht damit gekennzeichnet, daß sie die gesellschaftliche Produktivkraft statt für den Arbeiter nur für den Kapitalisten entwickelt, sondern daß sie sich als kapitalistische Form der Arbeitsteilung notwendig gegen das arbeitende Subjekt wendet (MEW 23/386).

"Sie verkrüppelt den Arbeiter in eine Abnormität, indem sie sein Detailgeschick treibhausmäßig fördert, durch Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen, wie man in den La‑Plata‑Staaten ein ganzes Tier abschlachtet, um sein Fell oder seinen Talg zu erbeuten. Die besondren Teilarbeiten werden nicht nur unter verschiedne Individuen verteilt, sondern das Individuum selbst wird geteilt, in das automatische Triebwerk einer Teilarbeit verwandelt… " (MEW 23/381)

Der Arbeiter merkt an sich selbst, daß eine Verausgabung seiner Arbeitskraft ohne die Anwendung durch den Kapitalisten nicht möglich ist. Der Teilarbeiter zeichnet sich dadurch aus, daß außerhalb der kapitalistischen Produktionsweise sein Arbeitsvermögen nicht mehr fungieren kann.

"Wenn der Arbeiter ursprünglich seine Arbeitskraft an das Kapital verkauft, weil ihm die materiellen Mittel zur Produktion einer Ware fehlen, versagt jetzt seine individuelle Arbeitskraft selbst ihren Dienst, sobald sie nicht an das Kapital verkauft wird, Sie funktioniert nur noch in einem Zusammenhang, der erst nach ihrem Verkauf existiert, in der Werkstatt des Kapitalisten." (MEW 23/382)

Die zunehmende Verwandlung aller Produktionsvoraussetzungen in Kapital schließt also die völlige Abhängigkeit des verunselbständigten Arbeitsvermögens von der kapitalistischen Anwendung ein:

"Wie dem auserwählten Volk auf der Stirn geschrieben stand, daß es das Eigentum Jehovas, so drückt die Teilung der Arbeit dem Manufakturarbeiter einen Stempel auf, der ihn zum Eigentum des Kapitals brandmarkt." (MEW 23/382)

Da die Arbeit auf sich ständig wiederholende Teiloperationen reduziert ist, existiert das die Arbeit bestimmende Wissen als Sonderfunktion des Kapitals getrennt von den Arbeitern.

"Es ist ein Produkt der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit, ihnen die geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses als fremdes Eigentum und sie beherrschende Macht gegenüberzustellen. Dieser Scheidungsprozeß beginnt in der einfachen Kooperation, wo der Kapitalist den einzelnen Arbeitern gegenüber die Einheit und den Willen des gesellschaftlichen Arbeitskörpers vertritt. Er entwickelt sich in der Manufaktur, die den Arbeiter zum Teilarbeiter verstümmelt. Er vollendet sich in der großen Industrie, weiche die Wissenschaft als selbständige Produktionspotenz von der Arbeit trennt und in den Dienst des Kapitals preßt.

In der Manufaktur ist die Bereicherung des Gesamtarbeiters und daher des Kapitals an gesellschaftlicher Produktivkraft bedingt durch die Verarmung des Arbeiters an individuellen Produktivkräften." (MEW 23/382 ff)

Die manufakturmäßige Teilung der Arbeit, die sich zunächst naturwüchsig entwickelt, wird mit ihrer zunehmenden Durchsetzung "zur bewußten, planmäßigen und systematischen Form der kapitalistischen Produktionsweise" (MEW 23/385). Da sie nur eine besondere Methode zur Steigerung des relativen Mehrwerts ist, stellt der Fortschritt, den die Manufaktur für die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit bedeutet, nur einen Fortschritt für das Kapital dar:

"Sie produziert neue Bedingungen der Herrschaft des Kapitals über die Arbeit. Wenn sie daher einerseits als historischer Fortschritt und notwendiges Entwicklungsmoment im ökonomischen Bildungsprozeß der Gesellschaft erscheint, so andrerseits als ein Mittel zivilisierter und raffinierter Exploitation." (MEW 23/386)[5]

Zugleich ist die manufakturmäßige Organisation der Arbeit für den Fortschritt des Kapitals ein beschränktes Mittel:

Die Form der Gemeinschaftlichkeit, welche die Arbeit als geteilte besitzt, offenbart die noch nicht überwundene Abhängigkeit vom tätigen Subjekt als Schranke der Verwertung: in der Kombination der voneinander unabhängigen Teilarbeiter bleibt das Kapital immer noch auf deren Besonderheit angewiesen, so sehr diese auch als Verkrüppelung der Individuen erscheint. Der deshalb unvermeidliche "Disziplinmangel der Arbeiter" wird zum Hindernis der weiteren Entwicklung.

"Da das Handwerksgeschick die Grundlage der Manufaktur bleibt und der in ihr funktionierende Gesamtmechanismus kein von den Arbeitern selbst unabhängiges objektives Skelett besitzt, ringt das Kapital beständig mit der Insubordination der Arbeiter." (MEW 23/389)

Der Kampf gegen die Insubordination des Arbeiters ist daher ein Kampf des Kapitals mit dem handwerksmäßigen Prinzip der Manufaktur:

"Ihre eigne enge technische Basis trat auf einem gewissen Entwicklungsgrad mit den von ihr selbst geschaffnen Produktionsbedürfnissen in Widerspruch." (MEW 23/390)

Mit der Teilung der Arbeit, durch die das Kapital deren Produktivkraft erhöht, setzt es der Mehrwerterzeugung neue Schranken. Es hat selbst dem Arbeitsprozeß Formen aufgeprägt, die seine Verwertung von den vereinseitigten Fähigkeiten der Arbeiter abhängig machen. Diese Abhängigkeit hat ihre Grundlage in den der Teilung der Arbeit entsprechenden Arbeitsmitteln, welche durch ihre Spezialisierung dem Arbeiter ein besonderes Geschick abverlangen, zugleich aber das Prinzip der Emanzipation des Arbeitsprozesses vom subjektiven Vermögen enthalten: obgleich angewiesen auf die Fähigkeit des Arbeitenden, existiert der Charakter der Formveränderung im Werkzeug objektiv, so daß mit seiner Vervollkommnung zwar nicht der Arbeiter, wohl aber dessen besonderes Geschick überflüssig wird. Diese Vervollkommnung besteht in der Ablösung der bestimmten Bewegung, welche der Arbeiter dem Werkzeug mitteilt, vom Arbeiter, in der Vergegenständlichung seiner besonderen Kraftäußerung im Arbeitsmittel. Der subjektive Umgang mit den Werkzeugen wird ersetzt durch Maschinen, welche die Manufaktur hervorbringt:

"Sie heben die handwerksmäßige Tätigkeit als das regelnde Prinzip der gesellschaftlichen Produktion auf. So wird einerseits der technische Grund der lebenslangen Annexation des Arbeiters an eine Teilfunktion weggeräumt. Andererseits fallen die Schranken, welche dasselbe Prinzip der Herrschaft des Kapitals noch auferlegte." (MEW 23/390)

Fußnoten:

[1] GR/482: "Das entwickelte Prinzip des Kapitals ist gerade das besondre Geschick überflüssig zu machen und die Handarbeit, die unmittelbar körperliche Arbeit überhaupt als geschickte Arbeit sowohl, wie als Muskelanstrengung überflüssig zu machen; das Geschick vielmehr in die toten Naturkräfte zu legen."

[2] Daß diese Zusammensetzung des manufakturmaßigen Betriebs aus einer Vielzahl handwerksmäßig arbeitender Individuen und Gruppen zugleich einen Mangel für das Kapital darstellt, zeigt sich im Vergleich zur Maschinerie.
"Trotz mancher Vorteile, welche die kombinierte Manufaktur bildet, gewinnt sie, auf eigener Grundlage, keine wirklich technische Einheit Diese entsteht erst hei ihrer Verwandlung in den maschinenmäßigen Betrieb." (MEW 23/368)
Vgl. auch MEW 23/366 Fn. 38 !

[3] Durch diese Scheidung der Arbeiter in geschickte und ungeschickte erwachst dem Kapital in zusätzlicher Vorteil:
"Für letztre fallen die Erlernungskosten ganz weg, für erstre sinken sie, im Vergleich zum Handwerker, infolge vereinfachter Funktion. In beiden Fällen sinkt der Wert der Arbeitskraft."(MEW 23/371). Diese relative Entwertung der Arbeitskraft schließt unmittelbar höhere Verwertung des Kapitals ein, "denn alles, was die zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendige Zeit verkürzt, verlängert die Domäne der Mehrarbeit.(MEW 23/371)

[4] Wenn es im ersten Kapitel hieß, daß sich nur "Produkte selbständiger und voneinander unabhängiger Privatarbeiten" als Waren gegenübertreten (MEW 23/57), dann wird nun deutlich, daß in dieser Bestimmung die Anwendung unselbständiger, vom Kapitalisten abhängiger Arbeitskräfte eingeschlossen ist.

[5] Mit der Manufaktur entsteht die politische Ökonomie als eigene Wissenschaft, deren Funktion darin besteht, die Bedingungen zur Maximierung des gesellschaftlichen Reichtums zu analysieren. Sie betrachtet daher die gesellschaftliche Arbeitsteilung ausschließlich als ein Mittel zur Produktion von Mehrwert, wahrend die Philosophen der Antike das durch Arbeitsteilung bewirkte "Wachstum der Produktenmasse" nur "mit Bezug auf die größere Fülle des Gebrauchswerts" interessierte. (MEW 23/386 ff)