http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/fachtagung.html

Auszuege:


Und wenn - in zwei Etappen geplant - Ende 2003 in Genf (und 2005 in Tunesien) der erste Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) stattfindet, scheint es dann völlig normal, dass die großen "Player"- Konzerne der IKT Branchen wesentlicher Teil des Vorbereitungskomitees sind. Wenn die Gewerkschaften dabei unter jenen außenstehenden NGO- Kräften zu finden sind, die "teilnehmen um zu beeinflussen" wollen, dann darf in der Regel die linke Strömung nicht sehr kritisch sein: Sie macht (weitgehend) gar nichts. Schon gar nicht bereitet sie sich auf die Teilnahme an Gegenkongressen vor... (43) Dabei gäbe es mehrere Ausgangspositionen, die eine "Alternative Plattform" stark machen könnten ­ zum Beispiel von dieser Erkenntnis ausgehend:

"Many processes in nature must be such that we cannot understand them in terms of a computer program and at the same time put our understanding to the test by running the program on a machine. Brain processes of intelligence fall into this category, since the brain is a product of evolution and thus cannot be structurally programmable. Conceivably we could evolve an artificial system to simulate brain-like intelligence; but we would then find it just as difficult to specify and test the program of this artificial system as to specify and test the program that generates the behavior of an organism." (44)

Nicht nur, dass es mit der "Künstlichen Intelligenz" nichts wird, sagt dieser Absatz: Sondern, dass alles, was evolutionär ist, entweder nicht berechenbar ist oder genauso kompliziert, wie im "Original" - und wenn es berechnet wird, muss hinzugefügt werden, wird ihm Gewalt angetan. Dies ist einer der Gesichtspunkte, die zu respektieren sind, wenn es darum geht, genauer zu bestimmen, was denn eigentlich "aneignendes Verstehen" und andere entsprechende Begriffe konkret bedeuten sollen. Eine Auffassung über grundsätzliches Herangehen, die praktisch umgesetzt werden kann ohne in (Zukunfts-) Landschaftsmalerei zu verfallen.



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Generell lassen sich die Debatten um "gesellschaftsverändernde" Potentiale der neuen IK Technologien etwas schematisch auf drei Gedankenstränge hin zentrieren, die mit den Schlagworten "Produktivkraftentwicklung", - also in erster Linie traditionell-marxistisch Ansätze - "Freie Software" ­ im wesentlichen der politisch engagierte Teil der Produzentenbewegung - und "immaterielle Arbeit" ­ also jene Ansätze, die mehr oder minder in der Tradition des italienischen Operaismus stehen - zu skizzieren wären.



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3.1: KONVERGENZPUNKT URHEBERRECHT



Ein Punkt, an dem die verschiedenen Strömungen im konkreten zusammenkommen ­ in der Regel allerdings als gegensätzliche Positionen ­ ist das Urheberrecht. Die Erfindung des "geistigen Eigentums", einst Voraussetzung für die Verwertung von Wissen in der Zeit des aufstrebenden Bürge tums, ist heute technologisch völlig überholt. Weshalb sie unter allen Umständen qua politischem "Verbot" verteidigt werden soll ­ und manche Linke sind eifrig daran beteiligt: Weil sie in ihrer einseitigen Sichtweise vielleicht nur noch nach neuen Möglichkeiten der Lohnarbeit suchen, oder weil sie als konsequente GewerkschafterInnen "Urheber"- Interessen vertreten wollen (ohne weder die ideologischen Implikationen zu beachten, noch den simplen Fakt der plötzlichen Einheitsfront mit dem Kapital ) oder einfach aus Phantasielosigkeit.

Wer Seiten wie "textz.com" besucht, kennt die Bedrohung für die Verlagswirtschaft, wie sie auch durch die Wikipedia Enzyklopädie und die immer zahlreicheren Nachfolger des an Kommerzialisierung verstorbenen Napster verkörpert werden ­ sie sind die Hassobjekte von Film- und Musikkonzernen und der Chor der Zensur Rufe wird immer heftiger, bleibt aber vergeblich.



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Es gibt in diesem Abschnitt aus der "Deutschen Ideologie" verschiedene Passagen, die für die hier zur Diskussion stehenden Fragen von höchster Aktualität sind. Das erste wäre die stetig wiederholte Charakterisierung "Totalität": in der Tat für die Diskussion um Co ­ Management ebenso wichtig, wie für das Bild des selbständiger werkelnden Informationsarbeiters im Zeitalter des kleinteiliger und vernetzter werdenden Kapitalismus.

Das zweite wäre die Frage, was es denn alles "abzustreifen" gälte: Für all die Protagonisten der "Fabrikdisziplin", der Arbeiter, die sich gerne in der Linken tummeln, ein schwer zu verstehendes Problem ­ im traditionellen Verständnis sollte "die Arbeiterklasse" zwar die Macht übernehmen (bzw ihre Vertretung) aber ansonsten weitgehend bleiben, wie sie ist, zB im Cheimiekombinat drei Schichten arbeiten, auch wenn es die Betroffenen nicht wollen.


Aber auch drittens die Frage der Übernahme der Produktionsinstrumente ­ mit dem ganzen Komplex der Arbeitsteilung und ihrer Überwindung dahinter, die bei der Linken reichlich unbeliebt (geworden?) ist, ist hier direkt aufgeworfen, und sie ist heute engstens mit "dem Computer" verbunden.

So sehr manche in der traditionellen Linken solche Gedanken für abstrus halten mögen, so wichtig sind sie für eine Orientierung der für uns aktuell hier stehenden Fragen. Was ­ keineswegs als Maschine, aber eben auch als gesellschaftlich geprägte und entwickelte Technologie ­ übernommen werden soll, das muß mensch auch kennen, damit umgehen können.