Über den Hinterhöfen
Tauben lungern auf zerbröckelnden Dächern


- GENIESST DEN UNTERGANG DES ABENDLANDES! -

Es geht hier nicht darum, mit der stimulierenden Geste der intellektuellen Schnellimbißverkäufer in html gebrannte Relikte alter Ideen als "die Würstchen zu verwerten" zu denen man nur noch seinen Senf dazugeben kann, sondern es geht darum, folgendes aufzuzeigen:

  • Als die Revoltierenden von Lordstown 1972 die hypomodernen Produktionsanlagen des Fordkonzerns zur Happening-Arena ihrer Wasserschlachten, Destruktionswettbewerbe und sonstigen spielerischen Vergnügungen machten,
  • Als im gleichen Jahr die streikenden Prostituierten von London mit der Parole "Jede Arbeit ist Prostitution!" die Arbeiter zur Solidarisierung aufriefen,
  • Als es im Sommer 77 in Chikago nach einem Fest der puertorikanischen Minderheit zu spontanen Straßenschlachten kam, in denen die Polizei die Kontrolle über das Geschehen verlor und erst nach stundenlanger Schlacht gegen "Jugendbanden die Ordnung wiederherstellen konnte", nachdem die Unruhen in der Plünderung von Geschäften und im Brand eines Kaufhauses gipfelten,
  • Als nicht allzulange danach in Kolumbien bei einem Generalstreik es zu blutigen Außeinandersetzungen mit der Polizei kam, Barrikaden errichtet wurden, Kraftfahrzeuge und Busse in Brand gesteckt und zahllose Geschäfte geplündert wurden und sich der Staatspräsideht gezwungen sah, von einer "subversiven Lage" zu sprechen,
  • Als Radikale im März 78 in Tokio die Kontrollturmeinrichtung des Flughafens Narita zertrümmerten, um eine Eröffnung des Flughafens zu verhindern, das durch gewaltsame und phantasievolle Aktionen bereits über sechs Jahre hinausgezögert werden konnte,
  • Als im gleichen Jahr amerikanische Bergbauleute in den Streik traten, und ihn trotz Anwendung von Gesetzen nach drei Monaten immer noch nicht äbbrachen mit der Begründung: "Die Tage der Sklaverei sind vorbei, uns kann niemand zwingen" und damit über 200 000 Menschen in den Genuß versetzten, nicht mehr arbeiten gehen zu müssen,
  • Als 1980 "Jugendliche" und Obdachlose in Zürich, Berlin und Amsterdam sich die leerstehenden Häuser nahmen damit eine Perspektive für kostenloses Wohnen eröffnete,
  • Als 1986 die britischen Bergarbeiter einen mehrmonatigen Streik gegen die Verschlechterung ihrer Existenzbedingungen durchführten und durch Energieverknappung fast die gesamte britische Wirtschaft zum Erliegen brachte,
  • Als 1989 die Proletarier des Comecon ihre stalinistischen Herren zum Teufel jagten,
  • Als 1992 "farbige Jugendlichen" ganze Stadtteile in Los Angeles platt machten und zusammen mit vielen anderen Geschäfte plünderte,
  • Als 1994 das Bodenpersonal von Air France die Startbahnen besetzte und streikte,
  • Als im Winter 1995 in Frankreich die öffentlichen Arbeiter die Arbeit niederlegten und sich eine neue Sozialität unter ihnen entwickelte, wobei der gesamte Warenverkehr, der die Ware Arbeitskraft in die Fabriken transportieren sollte, in den Innenstädten zum Erliegenen kam, AKW's sabotiert wurden und z.T. die Rathäuser gestürmt wurden,
  • Als es im Frühjahr 1997 wieder in ganz Europa anfing zu brodeln und die Arbeiter in Süd-Korea in einen langanhaltenden Streik eintraten,

haben sie die Aktualität der lafargueschen Ideen deutlicher bewiesen, als all die fleißigen Museumswächter einkonservierter Revolutionen. Das Ethos der Arbeit, ein vulgärökonomisches "Klassenbewußtsein", das nichts als die auf materialistische Füße gestellte he- gelsche Lüge von der Selbstverwirklichung in der Selbstverdinglichung, die das Privileg der Knechte ist, nach einer langen Reihe erneuter Mystifikationen in der Wirtschaftswunderideologie der Nachkriegszeit ihren modernen Ausdruck erreicht.

Die Ideologie der in Parteien und Gewerkschaften instituionalisierten Arbeiterbewegung, die sich vom Angelpunkt des kommunistischen Projekts entfernte - dem Versuch die Kette des Lohnverhältnisses, die den Konsum/die Bedürfnisbefriedigung an den Verkauf der eigenen Kraft und Zeit fesselt und beide zugleich trennt, zu zerbrechen - machte diese selbst zur Avantgarde der kapitalistischen Entwicklung und heute zum nationalchauvinistischen Verteidiger kapitalistischer Produktionsverhältnisse.

Die Strategie der Forderungen, der politischen Programme, die sich darauf beschränkte, der Arbeit ihren Teil an den durch sie produzierten WERTEN/WAREN zu sichern, führte zu einer durchgängigen Logik aller Kollaboration mit der Organisation der Verwertung: die Forderung nach Arbeit für alle impliziert auch die Forderung alles - in immer kürzerer Zeit - produzierte zu verkaufen.

Wie die instituionalisierte Arbeiterbewegung vor dem ersten Weltkrieg in vielen Ländern die im- perialistische Eroberung neuer Absatzmärkte unter- stützte, so findet die moderne ARBEITSFRONT in ihrer kooperativ-kapitalistischen in der Epoche der dritten industriellen Revolution; in der die Entwicklung der Produktivkräfte zur Möglichkeit einer vollautomatisierten Produktion die notwendige Arbeitszeit als Maß und Grundlage des Wertes immer mehr reduziert, den einzigen Weg eine fundamentale Krise des Wertes aufzuschieben in einer Ausweitung der Lohnarbeit: jede soziale Handlung muß in spezialisierte Lohnarbeit, jeder Wunsch in einer Nachfrage nach Waren umgesetzt werden.

Selbst die Propaganda für die Gesellschaft der Ware - Massenmedien, Werbung, Freizeitindustrie, Bildungseinrichtungen, Spielhallen, Sekten, im WWW surfen, - wird zur Ware der Propaganda, einem der sich am raschesten entwickelnden Sektoren der gegenwärtigen Wirtschaft.

Die Kolonisierung unserer gesamten Zeit durch die Ware versucht jede Alternative zur Arbeit in den Mauern der Trennungen und der Langeweile zu ersticken. Doch in der Leere eines mit Waren überfüllten Raumes wird unübersehbar, daß der eigene Gebrauch der Zeit sich nicht in der Passivität der in diesem sozialen Brainwashingskrieg Unterworfenen verwirklicht, sondern in dem bewußten Versuch eines intensiv genossenen Lebens in kreativer Arbeitsscheu und Desinteresse an allen Ersatzbefriedigungen der Konsumangebote.

Das Opfer - das materialisierte Gebet um zu- künftiges überleben - das die Ökonomie verstärken mußte, um es überflüssig zu machen und sich damit selbst aufzuheben, ist geschichtlich überholt.

Arbeiten heißt seine (potentiell lebendige) Zeit verkaufen

die Zeit wird zum Wert
ARBEIT
noch sieben Stunden
ARBEIT
noch fünf Stunden

Träume von der Zukunft
Feierabend
Ruhestand

Erfolg - in Ruhe genießen - konsumieren


DINGE

die geopferte Zeit zurückholen - aber sie ist tot und bleibt es.

Vergangenheit und Zukunft beherrschen die Gegenwart

DINGE ersetzen LEBEN Wert ist die verkaufte Zeit

ARBEIT
noch vier Stunden
ARBEIT
noch drei Stunden
- quantifiziert genormt wiederholt

Die Waren sind die Mumien getöteter Momente. Wir wollen den Augenblick nicht länger an die Zukunft verschenken, sondern ihn leben, ihn seine ZUKUNFT im HIER und JETZT empfinden lassen.
Den Genuß finden wir in der lähmenden Passivität des Warenkonsums genausowenig wie in der Produktion künftigen überlebens.

Die Produktion der Zukunft muß in der notwendigen Handlung zur Aufhebung der Not der Gegenwart allgegenwärtig werden.

IN EINEM LEBEN OHNE TOTE ZEIT, voll schöpferischen Genießens - wir gehen weiter als Lafargue, stellen wir die Forderung an jeden, der in seiner Tätigkeit irgendwelche Dinge hervorbringt, diese sofort selbst zu konsumieren oder zu verschenken, oder in fröchlicher Gemeinschaft mit ihnen zu spielen, wie es den gegenwärtigen sozialen Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Und Überhaupt sollten mehr Spielzeuge für sogenannte Erwachsene hergestellt werden!

DER POTLATSCH MARSCHIERT!

DAS PRODUKT UNSERER HANDLUNGEN MUSS DIE KONKRETE SITUATION SEIN, IN DER DIE TRENNUNG VON SCHAFFEN UND GENIESSEN AUFGEHOBEN WIRD!

Wir scheißen auf alle `zivilisierten Bedürfnisse', die das Kapital uns aufzwingt, um uns in seiner Abhängigkeit zu narkotisieren. Jedes Bedürfnis, das sich verwerten läßt, muß als ein Widerhaken des Systems in unserem Fleisch empfunden werden. Jedes Werbeangebot ist nur die versteckte Androhung der Zwangsarbeit.

Die Liquidation des Wertes muß auch den bestehen- den Gebrauchswertbegriff aufheben. Das Recht auf die eigene Kathedrale oder die massiv goldene Klobrille, sowie auf das eigene Orchester, den eigenen Fernsehsender etc. muß so selbstverständlich sein, wie das auf die tägliche Nahrung, ohne durch die Priorität des Mangels rationiert zu werden.
Die einzig akzeptable Wirtschaftsform in dieser, noch bestehenden Gesellschaft ist die Sperrmüllabfuhr. Jeder schmeißt das, was er nicht unmittelbar verwenden kann, noch Vergnügen daran finden kann, auf die Straße, für jeden, der vorbeikommt frei zum eigenen Gebrauch. Man sollte dieses Verfahren auf die gesamte Ökonomie ausdehnen, die ohnehin fast nur noch Müll produziert, um durch den Beginn des freien Gebrauchs aller Dinge dem Wert den Todesstoß zu versetzen. Alle Produktionsvorgänge, die zur Herstellung von Menschen gewünschter Dinge als Vorbereitung künftiger Genüsse nötig sind, müssen, soweit wie möglich vollautomatisiert, umgestaltet werden. Die "objektiven Bedingungen" des Vorhandenen und die Notwen- digkeit der Zukunftsversorgung treten als gleichbe- rechtigtes Spielelement neben den subjektiven au- genblicklichen Wünschen der verschiedenen beteiligten Menschen auf, um im "objektiven hazard" des gegenwärtigen Moments aufeinanderzutreffen.

Das, was in dieser Epoche möglich ist, steht im radikalen Widerspruch zu ihrer Wirklichkeit. Der Glaube an die Erlösung der Menschheit durch Automation ist nur das von den Kybernetikern und anderen modernen Ideologen der herrschenden Mächte sowie ihren linksradikalen und modernistischen Nacheiferern produzierte falsche Abbild dieser falschen Wirklichkeit; die Verallgemeinerung der Warenproduktion setzt die Verallgemeinerung des Mangels voraus, dessen Sichtbarkeit sie dann in der "Überflußproduktion" überflüssiger Produkte erstickt.

Alles muß zum Geschenk werden
- ohne Wert und ohne die Gegenwart in den Trauerschleiern aus Tränen vergangener Leidenschaften zu fesseln -

Im Programm der sozialen Revolution sind alle Bedürfnisse, Wünsche, Träume enthalten, die sich nicht verwerten lassen und wir träumen nicht von Schweigehallen der Passivität, vom langsamen Verrecken auf Bergen von Reichtümern und den vollklimatisierten Särgen, die ihr uns anbietet, sondern den Abenteuern unserer Entdeckungsreisen durch den belebten Raum, unserer Begegnungen mit zahllosen INDIVIDUEN, dem Brechen aller Staudämme, die das Leben kanalisieren, von der Liebe ohne Angst, einem Leben ohne Schranken: der Herstellung neuartiger und vielfältiger sozialer Beziehungen, die die ANGST, die die psychische Grundlage des Besitzes ist, überwinden.

So ist es auch völlig klar, daß eine soziale Veränderung nicht eine Sache von Gesetzen sein kann, oder von oben mittels einer "proletarischen Partei" administriert werden, die doch nichts anderes ausdrücken als die alten Beziehungen des Zwangs und des Opfers, sondern die autonome und soziale Entwicklung der Individuen selbst, die das neue Grundrecht jedes Menschen, genial und wahnsinnig zu sein, sein eigenes Leben zu einem Kunstwerk zu machen, offensiv vertreten, die für die Dinge keine andere Verwendung haben als die ihres Spiels, und alles zerstören, was ihrer Entfaltung im Wege steht.

Nur zu gerne wird eine lohnarbeitsfreie Gesellschaft als eine Gesellschaft beschrieben, in der man sich langweilt. Die Maschinen produzieren, während sich die Menschen in der Leere der Untätigkeit den Drogen und Verbrechen hingeben. Diese Betrachtungsweise beruht noch auf der Arbeitsmoral und außerdem fehlt ihr das geringste bißchen Phantasie. Jawohl, die Maschinen werden uns unsere Arbeit abnehmen und haben dies bei schon vielen! In naher Zukunft, so wird uns von der Weltbourgeoisie prophezeit, werden 80% der heute noch produzierenden Arbeitskräfte überflüssig!

Die Arbeiter müssen sich also schnellstens daran gewöhnen, die Arbeiten zu planen und durch Maschinen ausführen zu lassen, auch dann, wenn es sich um ihre eigene Arbeit handelt. Man soll doch nicht das als Herabsetzung ausgeben, was eine Befreiung ist! Die Machtergreifung durch die Maschinen ist ein Mythos. Die Welt der generalisierten Automation wird das sein, was die Menschen aus ihr machen. Wir hoffen dabei natürlich auf eine generalisierte Selbstverwaltung der Produzenten, die nur das produzieren, was sozial und ökologisch nützlich ist.
Nicht die Maschinen sind gefährlich, sondern die Klasse der Macht, die sich ihrer zu Profitzwechen bedient.
An den leidenschaftlichen Proletariern ist es, das Unbekannte zu entdecken: nämlich den Menschen mit vielfältigen Bedürfnissen und schöpferischer Potenz. Und jeder einzelne Mensch mit seinen Begierden und Fähigkeiten ist außerdem tausendmal interessanter als der Mars, zu dem viele momentan gebannt starren. Erst wenn der Mensch seinen eigenen inneren Micro-Kosmos zurückerobert, kann er sich mit dem Macrokosmos verbinden und ihn ohne Scheuklappen und Ausbeutungsgelüsten entdecken.

Mit der generalisierten, selbstverwalteten Automation kann das wahre menschliche Abenteuer beginnen. Dieses Abenteuer wird ganz neue Eperimentierfelder erschließen, denn die Menschen werden vom Kampf um das tägliche Leben befreit sein.
Die Automation ist keine neue Utopie, keine Neudefinition des menschlichen Gemeinweses. Sie ist kein Ziel, das erreicht werden muß, sondern der heutige Ausganspunkt "nackter Tatsachen". Zu viele Grüppchen bemühen sich noch um die Bestimmung der sozialen Formen der künftigen Gesellschaft (Diktatur des in der Partei organierten Proletariats, libertäre Selbstverwaltung, Arbeiterräte...), während es darauf ankommt, von den vorhandenen Produktivkräften auszugehen. Die Automation ist keine neue Waschmittelmarke, die mit anderen Marken zu konkurrieren hat, sie entspringt nicht der Vorstellung, sie existiert bereits.
Es geht hier nicht darum, einen nichtexistenten sozialen Rahmen der heutigen Wirklichkeit aufzudrücken, man muß vielmehr die heutige Wirklichkeit zum Ausgangspunkt nehmen und prüfen, welche Möglichkeit der Befreiung in ihr stecken, welche Widersprüche sie gegenwärtig erzeugt.
Und deshalb muß ein Programm, das eine soziale Perspektive für die Menschheit darstellt folgende Forderungen enthalten:

  • MAXIMALE VERRINGERUNG DER ZEIT DER GESELLSCHAFTLICH NOTWENDIGEN ARBEIT DURCH DIE ABSCHAFFUNG ALLER ARBEITSZWEIGE, DIE SOZIAL NUTZLOS SIND (WAFFENINDUSTRIEN; BANKEN UND VERSICHERUNGEN, FREIZEIT- UND LUXUSGÜTERINDUSTRIEN...).
  • SYSTEMATISCHE AUTOMATION ALLE PRODUKTIONSBEREICHE, ÜBERALL WO DAS MÖGLICH IST.
  • WELTWEITE NEUVERTEILUNG DER GESELLSCHAFTLICH NOTWENDIGEN ARBEIT UNTER ALLEN, DIE ARBEITSFÄHIG SIND.
  • ALLES ANDERE MACHEN WIR SELBST.